Aus Betrieb und Bewegung gegen Zentrum-Automobil

Bericht zum ersten Revisionsprozess der gekündigten Rassisten von Daimler Untertürkheim

Am Donnerstag den 5. Dezember, kam es am Landesarbeitsgericht in Stuttgart zu einem ersten Revisionsprozeß, den zwei Rassisten angestrengt hatten, nach dem sie bei Daimler Untertürkheim gekündigt wurden und ihre Kündigung in erster Instanz bestätigt wurde. Vor dem Gericht protestierten über den ganzen Morgen verteilt an die Hundert GewerkschafterInnen, ArbeiterInnen und Antifas.

Der Fall ist klar: Die beiden hatten rassistische Memes und Bildchen an einen migrantischen Kollegen verschickt, diesen belästigt und systematisch gemobbt. Ein leider alltäglicher Fall in vielen großen Unternehmen. Das besondere hier: Der betroffene Kollege wehrte sich, den beiden Rassisten wurde gekündigt und die rechte Pseudogewerkschafts „Zentrum Automobil“ nahm sich ihrer an. „Zentrum-Automobil“ ist bekannt für ihre personelle, ideologische und organisatorische Einbindung in die rechte bis faschistische Bewegung in der BRD. Seit Anfang des Jahrzehnts beschränkt sich die Arbeit der Rechten im Betrieb vor allem auf antigewerkschaftliche Agitation und Spaltung. Zentrum nahm sich im konkreten Fall vor allem die IG-Metall Vertrauensmann-Funktion des „Opfers“ der rassistischen Hetze vor und wollte vor allem skandalisieren dass die IG-Metall sich hinter ihn und damit gegen die Hetzer gestellt hatte. Wichtig ist hier nur das Zentrum nach außen zum ersten Mal wirklich die Maske fallen gelassen hat und sich nicht nur einfach als „bessere, kämpferische oder klügere“ Gewerkschaft in Konkurrenz mit den „korrupten Bonzen der IGM“ darstellt, sondern rassistsiche Hetze innerhalb des Betriebs herunterspielt, ihren Kontext verdreht und umdeutet und so normalisieren möchte.

Zentrum wollte seinem Anspruch als „Patriotische Gewerkschaft“ gerecht werden, denn die Verteidigung von, in ihrer Propaganda immer wieder auftauchenden „massenhaft gekündigten Patrioten“, war Inhalt ihrer Kampagne zu den Betriebsratswahlen 2018. Diese führte sie mit dem rechten Bündnis 1% (Identitäre, faschistische AfDler, Compact-Magazin). Endlich war für sie die Zeit gekommen sich zu beweisen und einen konkreten Fall zu bearbeiten. Hierzu produzierten sie einen mit Lügen gespickten, aber professionell hergestellten 40 Minuten Film, verteilten Flyer und versuchten Aufmerksamkeit auf das nach ihrer Meinung nach skandalöse Geschehen zu lenken. Nach dem 7. Dezember ist dieser Anspruch nun wahrscheinlich endgültig gescheitert, denn weder wurde die Kündigung des ersten Rassisten zurückgenommen, noch gelang es Zentrum über den rechten Echo-Raum, aus Pegida, AfD-Wählerschaft und offenen Nazis Empörung zu erzeugen. Viel mehr schufen sie den Anlaß für weitreichende Gegenaktionen, bei denen auch die Initiative Klassenkampf Stuttgart mitarbeitete.

Die Aktionen gegen Zentrum und die Verdrehung der Geschehnisse am 7. Dezember und vor dem Tag wurden erstmals von einer breiteren Front aus aktiven AntifaschistInnen, linken AktivistInnen und ArbeiterInnen aus dem Betrieb getragen, ausgehend von dem gemeinsamen Anspruch gegen Zentrum zu arbeiten. Am Tag selber waren etwa 70 Menschen ab 7 Uhr gegen Zentrum, vor dem Landesarbeitsgericht auf der Straße. Ziel war es den Gerichtssaal mit solidarischen Menschen zu füllen und etwaigen auftretenden Rechten den Tag gehörig zu vermiesen. Dies geschah dann auch so. Als die „Kläger“ zusammen mit ihren Unterstützern von Zentrum, etwa fünf weitere Rechte zum Landearbeitsgericht kam stellten sich ihnen 40 bis 50 Antifas, GewerkschafterInnen und Daimler-ArbeiterInnen entgegen. Die Nazis und Rassisten wirkten konfus, eingeschüchtert und ratlos- mit Protest hatten sie offensichtlich nicht gerechnet. Der ganze Nimbus den sie sich in schicken und überbearbeiteten Werbevideos erzeugt hatten, schmolz weg. Übrig blieb eine Truppe von wenigen, stillen und traurigen Rechtsradikalen.

Im Gerichtssaal versuchte der Anwalt des klagenden Faschisten, der Berliner Arbeitsrechtler Tobias Gall, die rassistischen Ausfälle seines Mandanten zu bagatellisieren. Er verfolgte erfolglos die bekannte Rassistenstrategie, rechte Hetze, Beleidigungen und Drohungen als „Meinungsäußerung“ zu normalisieren. Der Gerichtssaal war von JournalistInnen und GewerkschafterInnen bis auf den letzten Platz besetzt, sodass bis auf den Gründer von Zentrum Automobil, Oliver Hillburger, kein rechter Pseudogewerkschafter zuschauen konnte.

Trotz dieses Erfolgs auf der Straße und der verflogenen Wirkung von Zentrum, darf man diese Akteure nach wie vor nicht unterschätzen. Zentrum gewinnt Betriebsratsposten, hetzt gegen echte Gewerkschafter und aktive ArbeiterInnen und möchte das Standbein der AfD in den Betrieben sein. Bislang hatten sie einige Erfolge mit diesem Programm. Grund genug das Bündnis von KlassenkämpferInnen aus Bewegung und Betrieb weiter zu festigen.

Und auch darüber hinaus! Denn: Uns verbindet mehr als nur Antifaschismus, nämlich das objektive Interesse an einem guten, sicheren und würdigen Leben in einer Gesellschaft der Solidarität und Demokratie, und damit ein Interesse an der Beseitigung des Kapitalismus und des Privateigentums in der Wirtschaft. Dieses Ziel liegt noch in weiter Ferne, dazwischen aber gibt es viele weitere Themen, die gemeinsam bearbeitet werden können und um effektiv zu sein, das auch müssen. Ob eine sozial-verträgliche Digitalisierung und Transformation der Autoindustrie, der gemeinsame Kampf für Klimagerechtigkeit oder eben die Verteidigung der Einheit der ArbeiterInnenklasse- gegen Nationalismus und Rassismus.

Auch beim zweiten Revisionsprozess, der angesichts der ersten Niederlage für die Rassisten, wahrscheinlich ebenfalls abgewiesen werden wird und am 19. Dezember stattfindet, werden wir vor Ort sein.

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