Solidarische Beteiligung am ver.di-Jugend Streiktag

Gestern, am 1. März waren wir gemeinsam mit ca. 500 streikenden Auszubildenen aus ganz Ba-Wü in Esslingen auf der Straße.

Nach einer kurzen Auftaktkundgebung am Esslinger Bahnhof zog die Demonstration lautstark und entschlossen, begleitet von Pyrotechnik zum Esslinger Rathausplatz.

Auf der dortigen Abschlusskundgebung hielt ein Auszubildender aus dem Klinikum eine Rede die wir beigefügt veröffentlichen.

Sowohl in dieser als auch in anderen Reden wurde die gemeinsame Kampfbereitschaft in Anbetracht von Inflation, Krieg und Krise unterstrichen sowie die Notwendigkeit genauso kämpferisch wie am 1. März durch diese Tarifrunde zu gehen.

Der nächste Streiktag ist bereits kommende Woche, am 8. März, alle Infos zur Mobilisierung am internationalen Frauenkampftag findet ihr hier.

+++ Rede +++

„Also ich könnte das ja nicht machen“, wie oft musste ich diesen Satz hören seitdem
ich meine Ausbildung begonnen habe.


„Echt? Pflege? Willst du nicht was gescheites machen?“


Was will man darauf antworten?!


Womit sehen wir jungen Auszubildenden derzeit konfrontiert?


Wir sehen uns konfrontiert mit Arbeitsbedingungen, die dazu führen dass ein großer
Teil von uns die Ausbildung abbricht, oder sich noch während der Ausbildung
schwört diesen Beruf niemals den Rest des Lebens auszuüben.


Wir sehen uns konfrontiert mit Fehlzeitenregelungen die viele von uns dazu zwingen
krank arbeiten zu gehen.


Wir sehen uns konfrontiert mit einem kapitalistischen Gesundheitssystem, dass uns dazu zwingt als billigere Arbeitskräfte die Lücken zu schließen, die es lässt um profitabel zu sein!
Und das gefährdet nicht nur unsere Gesundheit sondern schlicht und ergreifend auch die unserer Patienten sowie der Qualität der Pflege!

Dennoch werden wir immer wieder als Helden gefeiert und mit Respekt in Worten überschüttet, dafür dass wir unseren Job machen.

Und liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz allem und manchmal auch gerade wegen alledem merke ich, dass ich stolz bin auf das was ich tue!

Aber, ich merke dass ich meinen Job so viel besser machen könnte!

Wir alle in der Klinik könnten unseren Job soviel besser machen, würden wir eine anständige Anleitung und Einarbeitung bekommen.

Wir würden unseren Job so viel besser machen können, würden wir einen strukturierten Ausbildungsplan, sinnvoll aufgebauten Theorieunterricht und ausreichend Lernmittel zur Verfügung bekommen!

Wir würden unseren Job soviel besser machen, müssten sich nicht viele von uns nach dem Dienst noch zum Zweitjob schleppen um ein einigermaßen lebenswertes Leben haben können!

Die Inflation hat ein Rekordhoch gebrochen, das 1951 erreicht wurde! Aber unser Gehalt bleibt gleich, auch wenn die Preise ständig steigen!

Gleichzeitig sind wir die Generation die von der Debatte über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht betroffen ist!

Wir, die jungen Menschen die tagtäglich die Generationen pflegen, die der letzte Große Krieg übrig gelassen hat!

Und das ganze nur weil mitten in Europa ein Krieg ausgebrochen ist, der letzten Endes kein Krieg zwischen „Gut und Böse“ ist, sondern ein Krieg ganz im Dienste wirtschaftlicher Interessen zweier konkurrierender Machtblöcke!

Das, das könnte ich niemals tun! Einer Jugend so eine Situation zu hinterlassen!

Aber, das muss nicht so bleiben! Unser Gehalt bleibt nur gleich wenn wir uns das bieten lassen.

Und wenn der Verteidigungsminister Pistorius sich Sorgen macht, dass „der Investitionsspielraum“ für die Bundeswehr nicht ausreicht sollte es jetzt zu Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst kommen, dann werden wir klar machen, dass das nicht unser Krieg ist und dass das auch niemals unser Krieg wird!

Das zeigt, dass der Kampf den wir heute hier, den wir in den kommenden Wochen dieser Tarifrunde gemeinsam führen, auch ein Kampf gegen diesen Krieg ist!

Denn wir wollen mehr Geld für die öffentliche Daseinsvorsorge, mehr Geld für Gesundheit und Bildung, mehr Geld für uns statt für Krieg und Waffen!

Wir wollen 200€ mehr im Monat und zwar dauerhaft, nicht nur als mickrige Einmalzahlung!

Denn wir wollen eine Grundlage haben um unsere Jugend zu leben!

Wir wollen das erste mal in eine eigene Wohnung ziehen können!

Wir wollen keine Sorge haben zu den Eltern zurückziehen zu müssen weil das Geld einfach nicht reicht!

Und wir wollen Sicherheit auch nach dem wir mit unserer Ausbildung fertig sind!

Wir sind Teil der Teams auf den Stationen, wir haben dort Kolleg:innen, Freunde.

Und deshalb sollte sich eine unbefristete Übernahmegarantie eigentlich von selbst verstehen!

Ihre schäbigen 5% können sich die Arbeitgeber in die Haare schmieren, allen voran Verhandlungsführerin Nancy Faeser!

Wenn man rechnet, was unsere Lohnforderung unseren Arbeitgeber, den Staat kosten würde kommt man auf ungefähr 1,4 Milliarden Euro pro Jahr.

Für die Rettung des Gaskonzerns Uniper waren schnell 51 Milliarden Euro aufgetrieben. Um 100 Milliarden in die Bundeswehr zu pumpen konnte man sogar schnell das Grundgesetz ändern.

Aber wenn es um die Öffentliche Daseinsvorsorge, um uns, um die Zukunft geht…ufff gaaanz schwierig.

Tja, geschenkt gibts wohl nichts. Aber das wundert mich nicht und ganz ehrlich hier heute mich euch zu stehen und in den kommenden Wochen gemeinsam unsere Forderung durchzusetzen ist mir tausendmal lieber als irgendwas von irgendeinem popligen Arbeitgeber geschenkt zu bekommen!

Wenn ich mir uns hier so anschaue, dann bin ich mir übrigens sicher, dass wir das durchsetzen werden, denn wir sind kampfbereit und wir haben alles Recht zu kämpfen!

Denn wir sind die Zukunft! Niemand hat uns zu verbieten zu streiken keine Stationsleitung, kein Bereichsleiter, keine Lehrer, kein Dozent, niemand!

Und genau das tun wir auch heute!

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